.

Dienstanweisung für die in der Archivpflege
ehrenamtlich Tätigen
(Archivpfleger und Archivpflegerinnen)

Vom 15. Januar 1992

KABl. 1992, S. 54

Zur Ausführung des § 8 Abs. 2 der Rechtsverordnung über die Verwaltung der kirchlichen Archive (Archivordnung) vom 21. Februar 1989 (KABl. S. 30; RS 90-2) erlassen wir für die in kirchlicher Archivpflege Tätigen folgende Dienstanweisung:
####

1.

( 1 ) Für jeden Kirchenkreis wird ein Archivpfleger oder eine Archivpflegerin von uns auf Vorschlag des Kirchenkreisvorstandes berufen; das Landeskirchliche Archiv ist vor der Berufung anzuhören.
( 2 ) Das Amt des Archivpflegers oder der Archivpflegerin wird als Ehrenamt ausgeübt.
( 3 ) Der Kirchenkreisvorstand hat die Berufung des Archivpflegers oder der Archivpflegerin im Kirchenkreis bekanntzugeben, damit die für die Verwaltung des Schriftguts Verantwortlichen wissen, an wen sie sich in Fragen der Schriftgutverwaltung wenden können.
( 4 ) Der Kirchenkreisvorstand hat die in der Archivpflege Tätigen bei der Wahrnehmung des Ehrenamts zu unterstützen.
#

2.

Über alle Tätigkeiten, die den in der Archivpflege Tätigen bei der Wahrnehmung ihres Amtes bekannt geworden sind und die ihrer Natur nach oder infolge besonderer Anordnungen vertraulich sind, haben sie Verschwiegenheit zu wahren, auch nach Beendigung des Archivpflegeamts. § 28 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Kirchengemeindeordnung (KGO) in der Fassung vom 16. Juni 1989 (KABl. S. 44; RS 12 A) gelten entsprechend.
#

3.

( 1 ) Die in der Archivpflege Tätigen haben den Kirchenkreis, für dessen Bezirk sie bestellt sind, dessen rechtlich unselbstständigen Einrichtungen und die Kirchengemeinden sowie deren rechtlich unselbstständigen Einrichtungen bei der Verwaltung ihres Schriftguts zu beraten. Dabei ist auf die Einhaltung der Vorschriften für die Schriftgutverwaltung zu achten.
( 2 ) Bei der Visitation einer Kirchengemeinde oder eines Kirchenkreises ist die Schriftgutverwaltung der Kirchengemeinde bzw. des Kirchenkreises zu überprüfen und ein schriftlicher Bericht darüber abzugeben. Damit der Bericht so rechtzeitig abgegeben werden kann, dass der Visitator oder die Visitatorin den Bericht jeweils bei der Einsichtnahme in die Geschäftsführung des Pfarramts verwenden kann, sind die in der Archivpflege Tätigen im Februar eines jeden Jahres über die vorgesehenen Visitationen zu unterrichten. Für den Bericht ist der dazu eingeführte Vordruck zu benutzen.
( 3 ) Bei einem Wechsel im Pfarramt einer Kirchengemeinde sollen die in der Archivpflege Tätigen bei der Anfertigung der Niederschrift zur Übergabe des Schriftguts an den neuen Inhaber der Pfarrstelle mitwirken. Der Vakanzvertreter bzw. die Vakanzvertreterin oder der neue Pfarrstelleninhaber bzw. die neue Pfarrstelleninhaberin sind beim Ausfüllen der Übergabebescheinigung zu unterstützen. Die ausgefüllte Übergabebescheinigung haben sie vor der Weiterleitung an das Landeskirchenamt zu prüfen.
( 4 ) Bei einem Pfarrstellenwechsel haben die in der Archivpflege Tätigen mit dafür zu sorgen, dass das Pfarrarchiv gesichert bleibt.
#

4.

Vor der Beratung und Begutachtung der Schriftgutverwaltung haben sich die in der Archivpflege Tätigen mit den hierfür geltenden Ordnungen vertraut zu machen. Insoweit wird besonders auf
  1. die Rechtsverordnung über die Aufbewahrung und Aussonderung von Schriftgut (Aufbewahrungs- und Kassationsordnung) vom 9. Mai 1990 (KABl. S. 77; RS 90-4) sowie
  2. die Schriftgutordnung mit Aktenplan in ihrer jeweils gültigen Fassung und die hierzu im Anhang der Schriftgutordnung veröffentlichten Erläuterungen
hingewiesen.
#

5.

( 1 ) Zu dem kirchlichen Schriftgut zählen:
  1. die Registratur;
  2. die Altregistratur;
  3. die Archivalien, insbesondere: Die Repositur; die abgeschlossenen Kirchenbücher; die Kirchenrechnungen der Jahre, für die Entlastung erteilt wurde; die Urkunden; die Handschriften; Bild- und Tonträger und andere Datenträger mit dokumentarischem Wert; Karten, Zeichnungen und Pläne; Siegel und
  4. die Pfarrbücherei.
( 2 ) Stellen die in der Archivpflege Tätigen fremdes, seiner Herkunft nach einwandfrei nicht kirchliches Schriftgut in der Altregistratur oder im Archiv fest, ist das Landeskirchliche Archiv zu benachrichtigen, damit dieses prüft, ob eine Abgabe an das zuständige Archiv sinnvoll ist. Das Landeskirchliche Archiv hat ggf. für die Abgabe dieses Archivguts zu sorgen.
#

6.

( 1 ) Als Grundlage für die Beratungen und Berichte sind in Zusammenarbeit mit der für die Verwaltung des Schriftguts verantwortlichen Stelle der Umfang und der Lagerort des Schriftguts festzustellen. Neben dem im jeweiligen Archivraum gelagerten Schriftgut kommen als Fundstellen Böden und Keller der Pfarr- oder Gemeindehäuser, Gebäude anderer kirchlicher Einrichtungen oder Räume in Nebengebäuden sowie Böden und Turmräume der Kirchen in Betracht.
( 2 ) Sollte das Schriftgut erkennbar lückenhaft sein, ist dem Landeskirchenamt darüber zu berichten und eine Nachfrage bei früheren Pastoren oder Pastorinnen, Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen in der Gemeinde und bei ausgeschiedenen Kirchenvorstandsmitgliedern anzuregen. Sollte sich herausstellen, dass sich kirchliches Archivgut im Besitz von Privatleuten, z. B. Heimat- oder Familienforschern, befindet, ist auf das geltende Ausleihverbot von Archivalien (§ 15 Benutzungsordnung) hinzuweisen. Sollte eine Rückforderung der Archivalien nicht sofort möglich sein, ist dem Landeskirchenamt darüber besonders zu berichten.
( 3 ) Sollte das Schriftgut unzureichend untergebracht sein, haben die in der Archivpflege Tätigen der für die Verwaltung des Schriftguts verantwortlichen Stelle Vorschläge für eine gesicherte Aufbewahrung und Lagerung des Schriftguts zu machen. Dabei sind die Vorschriften über Archivräume zu beachten.
( 4 ) Sofern eine Verlagerung des Archivguts oder der laufenden Registratur aus dem bisherigen Archivraum geplant oder schon vollzogen wurde, ist darauf aufmerksam zu machen, dass hierzu die Genehmigung des Landeskirchenamts (§ 66 Abs. 1 Nr. 16 und Abs. 2 KGO) einzuholen ist und dass eine Verlagerung des Archivs nur genehmigt werden kann, wenn sich die Unterbringung des Schriftguts nicht verschlechtert.
#

7.

( 1 ) Den Kirchenvorständen und Kirchenkreisvorständen sind – soweit nötig – Vorschläge zur Trennung der laufenden Registratur von der Altregistratur zu machen; dabei sind die Vorschriften der Kassationsordnung zu beachten.
( 2 ) Ist eine Altregistratur vorhanden, ist in den Berichten deren Umfang anzugeben und durch Stichproben zu prüfen, ob der Bestand geschlossen vorhanden ist.
( 3 ) Der vorhandene Archivbestand ist anhand des Findbuchs zu überprüfen. Sofern das Archiv noch nicht durchgeordnet worden ist, sind die Kirchenbücher anhand des in der Pfarregistratur oder Altregistratur (Reg.-Nr. 122) vorhandenen I. Fragebogens (Fragen über die Kirchenbücher) und das andere Schriftgut anhand des II. Fragebogens (Fragen über geschichtliches Material) zu überprüfen.
#

8.

( 1 ) Über Archivgut, das bisher noch nicht durchgeordnet und verzeichnet wurde, ist dem Landeskirchlichen Archiv zu berichten, damit dieses die Ordnung und Verzeichnung des Archivguts veranlasst.
( 2 ) Eigene Ordnungsarbeiten werden dabei von den in der Archivpflege Tätigen nicht erwartet. Eine freiwillige Übernahme von Ordnungsarbeiten ist möglich, wenn die Bestände bereits geordnet sind und nur neu aufgestellt werden müssen.
#

9.

Für die Anfertigung der Archivpflegeberichte werden folgende Hinweise gegeben, die besonders zu beachten sind:
  1. Bei den Kirchenbüchern ist durch Stichproben zu prüfen, ob sie auf dem gegenwärtigen Stand sind und ihre Führung den Vorschriften der Rechtsverordnung über das Kirchenbuchwesen (Kirchenbuchordnung) vom 22. September 1983 (KABl. S. 230; ber. 1984 S. 44; RS 91-1) entspricht. Bei den abgeschlossenen Kirchenbüchern sind die im Findbuch oder im I. Fragebogen angegebenen Signaturen bzw. Zahlen für die einzelnen Kirchenbucharten (z. B. Taufbücher, Traubücher) mit dem vorhandenen Bestand zu vergleichen. Sollten in der Zwischenzeit Kirchenbücher abgeschlossen worden sein, ist dieses im Bericht zu vermerken, und die Kirchenbücher sind – mit Angabe ihrer Laufzeit – im Findbuch bzw. I. Fragebogen nachzutragen.
  2. Sind Urkunden im Findbuch oder im II. Fragebogen verzeichnet, ist die Vollzähligkeit des Bestandes zu überprüfen. Sollte die Unterbringung der Urkunden unzureichend sein, ist der Kirchenvorstand auf die Möglichkeit aufmerksam zu machen, den Urkundenbestand im Landeskirchlichen Archiv als Dauerleihgabe zu deponieren.
  3. Ebenso ist der Bestand an Karten, Plänen und Zeichnungen zu überprüfen. Falls einige Stücke fehlen, ist zunächst bei der zuständigen Außenstelle des Landeskirchlichen Amts für Bau- und Kunstpflege oder dem Architekturbüro, das mit dem Bau bzw. Umbau des betreffenden Gebäudes befasst war, nachzufragen, ob sich die fehlenden Pläne und Zeichnungen dort befinden. Dem Landeskirchenamt ist hierüber zu berichten.
  4. Bei der Pfarrbücherei genügt eine Kontrolle der Titel anhand der Angaben im Findbuch. Bei älteren Büchern, die vor 1800 erschienen sind, ist besonders darauf zu achten, dass sie sicher untergebracht sind; sollte das nicht der Fall sein, ist die Abgabe dieser Bücher an die Bibliothek des Landeskirchenamts als Dauerleihgabe anzuregen. Bei der Prüfung ist nur der zur Pfarrbücherei gehörige Bestand zu kontrollieren; eine etwa vorhandene Ausleih- oder Präsenzbibliothek (z. B. Gemeinde-, Mitarbeiter- oder Jugendbücherei) braucht nicht überprüft zu werden. Es ist dafür zu sorgen, dass der Bestand der Pfarrbücherei, der dem Ausleihverbot gemäß § 15 Benutzungsordnung unterliegt, von den Ausleih- oder Präsenzbibliotheken getrennt bleibt.
  5. Werden an einem Archivale (z. B. Kirchenbuch, Urkunde, Karte) Schäden festgestellt, ist über dessen Ausmaß zu berichten. Dabei ist mitzuteilen, ob die Instandsetzung durch eine örtliche Buchbinderei oder durch eine fachlich besonders qualifizierte Restaurierungswerkstatt erfolgen sollte.
#

10.

( 1 ) Bei ihrer Tätigkeit haben die in der Archivpflege Tätigen den Kontakt mit dem Landeskirchlichen Archiv zu halten, das verpflichtet ist, sie im Rahmen der landeskirchlichen Archivpflege zu unterstützen.
( 2 ) Werden ihnen Missstände bei der Verwaltung des kirchlichen Schriftguts bekannt, haben sie dieses sofort dem Landeskirchenamt zu berichten, wenn sich die Missstände nicht direkt mit örtlichen Mitteln beheben lassen.
( 3 ) Die in der Archivpflege Tätigen haben einmal jährlich in knapper Form dem Landeskirchenamt über ihre Tätigkeit zu berichten. Dabei sind die im letzten Jahr besuchten Archive anzugeben.
#

11.

Kosten und Auslagen, die den in der Archivpflege Tätigen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit entstehen, sind ihnen auf Antrag durch den Kirchenkreis zu erstatten.
#

12.

( 1 ) Will jemand aus dem Archivpflegeamt ausscheiden, ist dieses dem Kirchenkreisvorstand möglichst frühzeitig anzuzeigen, damit dem Landeskirchenamt rechtzeitig ein Nachfolger vorgeschlagen werden kann.
( 2 ) Bei dem Ausscheiden ist das bei der Tätigkeit in der Archivpflege erwachsene Schriftgut dem Nachfolger, der Nachfolgerin oder dem Kirchenkreisamt auszuhändigen.
( 3 ) Eine Abberufung aus dem Amt kann durch das Landeskirchenamt erfolgen, wenn die in der Archivpflege Tätigen gröblich gegen ihre Pflichten verstoßen.
#

13.

Diese Ordnung tritt am 1. Februar 1992 in Kraft. Gleichzeitig wird die Verfügung über den Aufgabenkreis der kirchlichen Archivpfleger vom 8. April 1946 (KABl. S. 50; RS 90-3) aufgehoben.