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Rechtsverordnung
über die Verwaltung der kirchlichen Archive

Vom 21. Februar 1989

KABl. 1989, S. 30, zuletzt geändert durch § 4 der Rechtsverordnung vom 21. Dezember 2015, KABl. 2015, S. 120

Aufgrund des Artikels 124 Buchst. b der Kirchenverfassung in Verbindung mit § 17 Abs. 3 des Vertrages über die Bildung einer Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen erlassen wir zur Ausführung des § 2 des Kirchengesetzes der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen zum Schutz des kirchlichen Archivgutes vom 10. Dezember 1984 (Kirchl. Amtsbl. S. 149) mit Zustimmung des Landessynodalausschusses die folgende Rechtsverordnung:
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I. Abschnitt
Landeskirchliches Archiv

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§ 1

( 1 ) Das Landeskirchenamt und die rechtlich unselbstständigen landeskirchlichen Werke und Einrichtungen haben alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer laufenden Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landeskirchlichen Archiv zur Übernahme anzubieten und, soweit sie nach Bewertung durch das Archiv archivwürdig sind, dem Landeskirchlichen Archiv zu übergeben.
( 2 ) Diese Vorschriften gelten für alle Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 3 des Archivgesetzes, die bei den in Absatz 1 genannten Stellen erwachsen oder in deren Eigentum übergegangen oder diesen zur Nutzung überlassen worden sind.
( 3 ) Unterlagen, die nach Auffassung der in Absatz 1 genannten Stellen und des Landeskirchlichen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, brauchen nicht angeboten zu werden.
( 4 ) Das Landeskirchliche Archiv berät die in Absatz 1 genannten Stellen bei der Verwaltung ihrer Unterlagen.
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§ 2

( 1 ) Schriftgut früherer kirchlicher Leitungsorgane (z. B. Konsistorien, Generalsuperintendenturen), das sich im Besitz kirchlicher Dienststellen der Landeskirche befindet, ist dem Landeskirchlichen Archiv zur Übernahme anzubieten.
( 2 ) Bei der Auflösung kirchlicher Körperschaften, Werke und Einrichtungen der Landeskirche sind deren Unterlagen dem Landeskirchlichen Archiv anzubieten, sofern sie der Rechtsnachfolger der aufgelösten Körperschaften oder Einrichtungen zur Erledigung seiner Aufgaben nicht weiter benötigt.
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§ 3

Die kirchlichen Körperschaften, rechtlich selbstständigen Werke, Einrichtungen, Stiftungen und Vereine im Bereich der Landeskirche können ihre archivwürdigen Unterlagen unter Eigentumsvorbehalt dem Landeskirchlichen Archiv übergeben, soweit ein landeskirchliches Interesse an dem Archivgut besteht oder das Archivgut nicht anderweitig in kirchlicher Trägerschaft archivgerecht untergebracht werden kann. Vereinbarungen über das Eigentum, die Verwaltung und die Benutzung der übergebenen Archivalien bedürfen der Schriftform (Depositalvertrag).
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§ 4

Das Landeskirchliche Archiv entscheidet aufgrund fachlicher Bewertung, ob den Unterlagen bleibender Wert zukommt und sie als Archivgut aufzubewahren sind.
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§ 5

Ergänzend zum amtlichen Schriftgut (§§ 1 und 2) erwirbt und sammelt das Landeskirchliche Archiv zur Dokumentation des kirchlichen Lebens und der Frömmigkeit im Bereich der Landeskirche privates Schriftgut, Presse-, Bild-, Film- und Tondokumente.
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§ 6

( 1 ) Das Landeskirchliche Archiv hat das Archivgut gegen Verlust und Beschädigung zu sichern und zu erhalten, im Interesse der kirchlichen Verwaltung und der wissenschaftlichen Forschung zu erschließen, nutzbar zu machen, für die Benutzung bereitzustellen und im Rahmen seiner Möglichkeiten auszuwerten.
( 2 ) Nach Maßgabe der Benutzung des kirchlichen Archivgutes (Benutzungsordnung) ist das Archivgut zur Benutzung bereitzustellen.
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II. Abschnitt
Archive der kirchlichen Körperschaften

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§ 7

( 1 ) Kirchliche Körperschaften unterhalten eigene Archive für die bei ihnen erwachsenen archivwürdigen Unterlagen.
( 2 ) Die Verantwortung für die Verwaltung des Archivs obliegt
  1. in einer Kirchengemeinde oder Gesamtkirchengemeinde dem Pfarramt und bei mehreren Pfarrstellen dem Pfarrer oder der Pfarrerin, der oder die nach den Vorschriften der Kirchengemeindeordnung die Geschäfte des Pfarramtes führt,
  2. in einem Kirchenkreis dem Superintendenten oder Superintendentin und für weitere Dienststellen und Einrichtungen des Kirchenkreises dem jeweiligen Leiter oder der jeweiligen Leiterin,
  3. bei den übrigen kirchlichen Körperschaften und deren Einrichtungen der von dem vertretungsberechtigten Organ bestimmten Person oder Stelle.
( 3 ) Die nach Absatz 2 verantwortlichen Personen oder Stellen haben insbesondere dafür zu sorgen, dass
  1. archivwürdiges Schriftgut in regelmäßigen Abständen aus der Registratur in das Archiv überführt und nicht archivwürdiges Schriftgut nach der Ordnung für die Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung von Schriftgut kirchlicher Körperschaften, Einrichtungen und Werke (Aufbewahrungs- und Kassationsordnung) kassiert wird,
  2. das Verzeichnis über das Archivgut (Findbuch) vollständig ist und die Ordnung des Archivgutes erhalten bleibt,
  3. das Archivgut getrennt vom laufenden Schriftgut (Registratur) in einem geeigneten Raum untergebracht und gegen Feuchtigkeit, Feuer, unmittelbares Sonnenlicht, Verschmutzung, Diebstahl, unbefugte Einsichtnahme und Schädlingsbefall gesichert ist,
  4. das Archivgut nach Maßgabe der Benutzungsordnung benutzt werden kann.
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III. Abschnitt
Archivpflege

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§ 8

( 1 ) Das Landeskirchliche Archiv hat die kirchlichen Archivträger bei der Erfüllung der Aufgaben nach § 7 zu unterstützen; bei der Ordnung und Verzeichnung des Archivgutes hat es mitzuwirken, und bei der Vernichtung älteren Schriftgutes ist es nach den Bestimmungen der Aufbewahrungs- und Kassationsordnung zu beteiligen.
( 2 ) Das Landeskirchenamt ernennt auf Vorschlag des Kirchenkreisvorstandes einen Kirchenkreisarchivpfleger oder eine Kirchenkreisarchivpflegerin, der oder die die Kirchengemeinden und den Kirchenkreis in Fragen der Archivpflege berät. Er oder sie trifft bei der Visitation die erforderlichen Feststellungen zur Schriftgutverwaltung. Bei einem Wechsel im Pfarramt einer Kirchengemeinde ist ihm oder ihr Gelegenheit zu geben, an der Übergabe des Schriftgutes mitzuwirken.
( 3 ) Das Amt der Kirchenkreisarchivpflegerin oder des Kirchenkreisarchivpflegers wird als Ehrenamt ausgeübt. Das Landeskirchenamt erlässt eine Dienstanweisung.
( 4 ) Das Landeskirchenamt kann einen Kirchenkreisarchivpfleger oder eine Kirchenkreisarchivpflegerin aus dem Amt abberufen, wenn er oder sie gröblich gegen seine oder ihre Pflichten verstößt.
( 5 ) Die Vorschriften der Kirchengemeindeordnung über die kirchenaufsichtliche Genehmigung bei der Veräußerung, Veränderung, Verlegung oder Abgabe von Archivgut bleiben unberührt.
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IV. Abschnitt
Schlussvorschriften

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§ 9

( 1 ) Diese Rechtsverordnung tritt am 1. April 1989 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt die allgemeine Verfügung über kirchliches Schriftgut vom 9. Dezember 1947 (Kirchl. Amtsbl. S. 81) außer Kraft.