.§ 1
§ 2
§ 3
§ 4
§ 5
§ 6
§ 7
§ 8
§ 9
§ 10
§ 11
Ordnung für die Notfallseelsorge in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Vom 9. Juni 2023
##Präambel
1 Notfallseelsorge ist ein kirchlich-seelsorglicher Dienst für Menschen in besonderen Notlagen. 2 Menschen in Notsituationen beizustehen, ist unverzichtbarer Bestandteil des christlichen Handelns. 3 Sie ist überkonfessionell und begegnet in ökumenischer Offenheit durch Begleitung, Gebet und Ritual direkt und indirekt Betroffenen. 4 Kirche nimmt in diesem Dienst ihre Mitverantwortung für die Menschen, für die Gesellschaft und für das öffentliche Leben wahr. 5 Notfallseelsorge ist ökumenisch getragen und achtet die religiöse Selbstbestimmung des Gegenübers. 6 Sie handelt im Notfall, ist aber stets mit den Gemeindepfarrämtern sowie beteiligten Einsatzkräften vernetzt.
###§ 1
Allgemeines
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1
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1 Notfallseelsorge ist Teil der kirchlichen Seelsorge. 2 Seelsorgliche Gespräche im Rahmen der Notfallseelsorge stehen unter dem Schutz der Kirche.
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2
)
1 Die Gemeindepfarrämter wie auch übergemeindliche Dienste im Kirchenkreis beteiligen sich an der Ruf- und Einsatzbereitschaft der Notfallseelsorge und tragen diesen Dienst gemeinsam. 2 Die Art und Weise der Zusammenarbeit ist in einem Konzept des jeweiligen Kirchenkreises geregelt. 3 Die Notfallseelsorgekonzeption stellt in Notfällen die notwendige ständige Erreichbarkeit von Kirche sicher.
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3
)
1 Die Notfallseelsorge ist Bestandteil der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV). 2 Sie geht mit ihren Inhalten nicht in der PSNV auf.
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4
)
1 Die Notfallseelsorge wird durch die Rettungsleitstelle oder durch die Polizei benachrichtigt. 2 Dieses geschieht in Krisensituationen Betroffener wie auch nach Unfällen, Bränden oder Großschadensereignissen. 3 Der Kirchenkreis regelt, wie im Einsatzfall die Koordination zwischen der Rufbereitschaft der Notfallseelsorge und dem örtlich zuständigen Gemeindepfarramt im Hinblick auf die Übernahme des Einsatzes erfolgt.
(
5
)
1 Notfallseelsorge handelt im Akutfall. 2 Eine darüberhinausgehende längerfristige Begleitung erfolgt nicht durch die Notfallseelsorge selbst.
#§ 2
Trägerschaft
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1
)
1 Der Kirchenkreis ist zuständig für die Aufstellung eines Notfallseelsorge-Systems. 2 Er ist in der Regel Träger des Systems und sorgt für den Betrieb. 3 Der Kirchenkreis leitet die Notfallseelsorge, steuert den Personaleinsatz sowie die Ausgestaltung der Rufbereitschaften. 4 Er stellt die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung. 5 Befinden sich mehrere Kirchenkreise auf dem Gebiet eines Landkreises, können sie gemeinsam ein Notfallseelsorge-System einrichten. 6 Darüber hinaus ist es möglich, ein Notfallseelsorge-System in einer ökumenischen Trägerschaft aufzustellen.
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2
)
1 Die Zusammenarbeit mit anderen Trägern ist auf regionaler Ebene möglich. 2 Eine derartige Zusammenarbeit erfordert eine verbindliche Vereinbarung in Schriftform. 3 Kirchliche Interessen sind zwingend zu wahren. 4 Zur Gewährleistung des Informationsflusses sind diese Vereinbarungen der Landeskirche zur Kenntnis zu übersenden.
#§ 3
Kirchenkreisbeauftragte
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1
)
Die Superintendentin / der Superintendent bestimmt eine Kirchenkreisbeauftragte / einen Kirchenkreisbeauftragten für Notfallseelsorge.
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2
)
Die / der Kirchenkreisbeauftragte hat folgende Aufgaben:
- Organisation und Einsatz der Notfallseelsorge im Kirchenkreis oder Kirchenkreisverbund in Zusammenarbeit mit der zuständigen Superintendentur und dem Kirchenkreisvorstand
- Begleitung der in der Notfallseelsorge Tätigen
- Vertretung der Notfallseelsorge auf Ebene des Landkreises im Arbeitsfeld der PSNV und des Katastrophenschutzes
- Vermittlung von Fortbildungsangeboten an die Mitarbeitenden in der Notfallseelsorge
- Regelmäßige Kontaktpflege zu den Sprengelbeauftragten Notfallseelsorge und den zuständigen Mitarbeitenden im Zentrum für Seelsorge und Beratung
- Regelmäßige Kontaktpflege zu dem regional zuständigen Rettungsdienst, der Feuerwehr und der Polizei.
- Vertretung des Kirchenkreises auf den Sprengelkonferenzen Notfallseelsorge
- Bereitschaft zur eigenen kontinuierlichen Fortbildung im Bereich PSNV und Notfallseelsorge
(
3
)
1 Die / Der Kirchenkreisbeauftragte soll aus dem Kreis der Hauptamtlichen eines Kirchenkreises bestimmt werden. 2 Bei der Auswahl der Kirchenkreisbeauftragten sind die Sprengelbeauftragten einzubeziehen.
#§ 4
Mitarbeitende in der Notfallseelsorge
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1
)
Alle Mitarbeitenden in der Notfallseelsorge im beruflichen und ehrenamtlichen Dienst müssen für die Arbeit persönlich und fachlich geeignet sein.
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2
)
Ordinierte Pastorinnen und Pastoren aus dem Gemeindedienst und den übergemeindlichen Diensten arbeiten im Rahmen ihres Seelsorgeauftrags in der Notfallseelsorge mit.
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3
)
Andere kirchlich Mitarbeitende sind für die Mitarbeit in der Notfallseelsorge entsprechend den Regelungen des Seelsorgegeheimnisgesetzes (SeelGG) gesondert zu beauftragen.
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4
)
1 Ehrenamtlich Mitarbeitende sind nach erfolgreicher Ausbildung entsprechend den Regelungen des SeelGG ebenfalls zur Mitarbeit zu beauftragen. 2 Die Beauftragung soll für eine Dauer von jeweils sechs Jahren ausgesprochen werden, die Verlängerung der Beauftragung ist möglich.
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5
)
Mitarbeitende in der Notfallseelsorge müssen Mitglied einer Kirche sein, die ihrerseits Vollmitglied in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) ist.
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6
)
1 Das Mindestalter für die Mitarbeit soll bei 25 Jahren liegen. 2 Die Mitarbeit endet mit der Vollendung des 75. Lebensjahres.
(
7
)
Ein Ausschlusskriterium für die Mitarbeit liegt dann vor, wenn jemand einem Beruf nachgeht, durch den es zu wirtschaftlichen oder inhaltlichen Interessenkonflikten mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Notfallseelsorge kommen kann.
#§ 5
Ausbildung der Mitarbeitenden
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1
)
1 An der Mitarbeit interessierte Ehrenamtliche führen zunächst ein Eignungsgespräch mit der / dem zuständigen Kirchenkreisbeauftragten oder der zuständigen Systemleiterin / dem zuständigen Systemleiter. 2 Es steht einem Notfallseelsorgesystem frei zu entscheiden, ob die Mitarbeit von Ehrenamtlichen möglich ist oder nicht. 3 Keine ehrenamtliche Interessentin / kein ehrenamtlicher Interessent hat das Recht, eine Mitarbeit einzufordern. 4 Auch die Teilnahme an NFS- oder PSNV-Ausbildungsgängen berechtigt nicht zur Mitarbeit.
(
2
)
1 Ehrenamtlich Mitarbeitende in der Notfallseelsorge werden auf Ebene der Landeskirche ausgebildet. 2 Andere Ausbildungsgänge in externen Landeskirchen oder Bistümern berechtigen nach Absprache und Einzelfallprüfung zur Mitarbeit. 3 Seelsorgeaus- oder Fortbildungen in anderen Bereichen können als Teilqualifizierung für die Mitarbeit anerkannt werden.
(
3
)
1 Bei den kirchlichen Berufsgruppen, die eine Seelsorgeausbildung durchlaufen haben, ist eine sofortige Mitarbeit in der Notfallseelsorge möglich. 2 Darüber hinaus können sie auf Wunsch an Qualifizierungskursen für beruflich Mitarbeitende teilnehmen.
(
4
)
Für alle Fragen der Aus-, Fort- und Weiterbildung sind die jeweiligen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner des Zentrums für Seelsorge und Beratung zuständig.
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5
)
1 Praktika und Hospitation bei Notfallseelsorgeeinsätzen sind grundsätzlich nicht möglich. 2 Nach absolvierter Ausbildung und Beauftragung reflektieren ehrenamtlich Mitarbeitende im ersten Jahr ihrer Mitarbeit ihre Einsätze in der Notfallseelsorge mit einer erfahrenen Mitarbeiterin / einem erfahrenen Mitarbeiter der Notfallseelsorge.
(
6
)
1 Mitarbeitende in der Notfallseelsorge müssen vor Beginn der Mitarbeit ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. 2 Dieses ist nach dem Ablauf von 5 Jahren zu erneuern. 3 Die Kosten für das Führungszeugnis trägt der Kirchenkreis.
#§ 6
Beauftragung und Einführung der privatrechtlich Beschäftigten und ehrenamtlich Mitarbeitenden
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1
)
1 Sowohl privatrechtlich kirchlich beschäftigte Mitarbeitende in der Notfallseelsorge als auch alle ehrenamtlich Mitarbeitenden müssen schriftlich für ihre Mitarbeit beauftragt werden. 2 Sie sollen im Rahmen eines Gottesdienstes in den Dienst eingeführt werden.
(
2
)
1 Für die ehrenamtlich Mitarbeitenden muss die Superintendentur des jeweiligen Kirchenkreises eine Personalkartei führen. 2 Diese enthält mindestens die entsprechenden Qualifikationsnachweise, die aktuell geltende Beauftragung zur Mitarbeit sowie - bei Einwilligung - das erweiterte Führungszeugnis oder - bei fehlender Einwilligung - eine Notiz über das erweiterte Führungszeugnis mit folgenden Informationen: Der Tatsache, dass Einsicht genommen wurde, dem Datum des Führungszeugnisses sowie darüber, ob eine Person wegen einer Straftat nach § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII rechtskräftig verurteilt wurde.
#§ 7
Zentrum für Seelsorge und Beratung
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1
)
Durch das Zentrum für Seelsorge und Beratung werden alle landeskirchenweiten Aus- und Fortbildungen für die Notfallseelsorge konzipiert, organisiert und durchgeführt.
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2
)
1 Die / der landeskirchliche Beauftragte für NFS ist mit Dienstsitz dem Zentrum für Seelsorge und Beratung zugeordnet, hier liegt auch die Dienstaufsicht. 2 Die Fachaufsicht wird durch das Landeskirchenamt wahrgenommen. 3 Die / der landeskirchliche Beauftragte ist zuständig für die Arbeitsstandards innerhalb der Notfallseelsorge sowie für alle grundsätzlichen Fragen der Aus-, Fort- und Weiterbildung. 4 Sie / er leitet die regelmäßige Dienstkonferenz für Notfallseelsorge auf landeskirchlicher Ebene. 5 Sie / er vertritt die Landeskirche in den entsprechenden kirchlichen und staatlichen Gremien, in denen Inhalte und Belange von PSNV und Notfallseelsorge verhandelt werden. 6 Sie / er hält direkten Kontakt zur Kirchenleitung, den Sprengeln, zu den Kirchenkreisen und insbesondere zu den Sprengelbeauftragten. 7 Sie / er hat in den Sprengelkonferenzen sowie Kirchenkreiskonferenzen für NFS ein Gastrecht. 8 Sie / er arbeitet in den übergeordneten Arbeitsbereichen des ZfSB mit. 9 Die / der landeskirchliche Beauftragte steht den Kirchenkreisen und Sprengeln in einer Großschadenslage als zusätzliche Führungskraft zur Verfügung. 10 Sie / er informiert und berät die Kirchenleitung in einer Großschadenslage und Katastrophenschutzfall. 11 Näheres regelt die jeweilige Dienstbeschreibung.
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3
)
1 Die Sprengelbeauftragten für Notfallseelsorge sind mit einem Stellenanteil dem Zentrum für Seelsorge und Beratung zugeordnet. 2 Die Dienstaufsicht liegt bei den jeweils zuständigen Superintendenturen, die Fachaufsicht über den Stellenanteil liegt beim Landeskirchenamt. 3 Die Sprengelbeauftragten halten Kontakt zu den Kirchenkreisen in ihrem Sprengel. 4 Sie begleiten insbesondere auch einzelne Mitarbeitende, falls diese Begleitung nicht durch die Kirchenkreise gewährleistet werden kann. 5 Sie beraten die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe. 6 Sie stehen den Kirchenkreisen als weitere Führungskraft in größeren Schadenslagen zur Verfügung. 7 Sie haben im Rahmen des Themenfeldes Notfallseelsorge ein Gastrecht in den Kirchenkreiskonferenzen. 8 Sie halten Kontakt zur / zum landeskirchlichen Beauftragten für Notfallseelsorge und beraten sie / ihn in inhaltlichen Fragen. 9 Näheres regelt die jeweilige Dienstbeschreibung. 10 Die Sprengelbeauftragten für Notfallseelsorge werden vom Landeskirchenamt unter Einbeziehung der Regionalbischöfinnen und -bischöfe und der / des landeskirchlichen Beauftragten ernannt.
(
4
)
1 Die Kirchenkreise und Notfallseelsorge-Systeme haben einen Anspruch auf die Beratung durch das Zentrum für Seelsorge und Beratung in allen fachlichen und inhaltlichen Fragen. 2 Diese Beratung findet durch die / den landeskirchlichen Beauftragten und / oder die Sprengelbeauftragten statt.
(
5
)
1 Landeskirchenweite Angebote für die Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Notfallseelsorge werden durch das Zentrum für Seelsorge und Beratung konzipiert und durchgeführt. 2 Die Angebote sollen in den verschiedenen Regionen der Landeskirche verortet sein. 3 Eine regionale Kooperation mit einzelnen Kirchenkreisen ist anzustreben. 4 Die Durchführung und Organisation der Veranstaltungen liegen bei der / dem landeskirchlichen Beauftragten sowie bei den Sprengelbeauftragten.
#§ 8
Begleitung und Supervision
1 Alle in der Notfallseelsorge Tätigen haben einen Anspruch auf die Begleitung ihrer Arbeit. 2 Diese kann durch die Kirchenkreisbeauftragten, die Sprengelbeauftragten oder die landeskirchliche Beauftragte / den landeskirchlichen Beauftragten erfolgen. 3 Darüber hinaus besteht grundsätzlich der Anspruch auf und die Pflicht zur Supervision. 4 Die Kosten für eine angeordnete Supervision trägt der zuständige Kirchenkreis / das zuständige Notfallseelsorge-System. 5 Des Weiteren gelten die Supervisionsrichtlinien der Landeskirche.
#§ 9
Verschwiegenheit
1 Notfallseelsorge ist Teil der kirchlichen Seelsorge. 2 Der Schutz der Verschwiegenheit ist vollumfänglich zu gewährleisten. 3 Protokolle von Gesprächen sind ausschließlich anonymisiert zu verfassen. 4 Die Mitarbeitenden halten sich jederzeit an das Seelsorgegeheimnisgesetz.
#§ 10
Kirchliches Handeln in Katastrophen
1 Im Katastrophenfall arbeiten kirchliche Institutionen und staatlichen Institutionen eng zusammen. 2 Die Arbeit der Notfallseelsorge wird sich im Katastrophenfall an den Erfordernissen orientieren und arbeitet im erforderlichen Fall weisungsgebunden. 3 Näheres regelt die kirchliche Ordnung für den Katastrophenschutz.
#§ 11
Inkrafttreten
Diese Ordnung tritt mit Wirkung vom 9. Juni 2023 in Kraft.