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Merkblatt Fotokopieren von Liedern

vom 6. Juni 1994

(ABl. EKD 1994 S. 254)

zum Gesamtvertrag zwischen der Verwertungsgesellschaft Musikedition und der EKD vom 1. Juni 19941#über das Fotokopieren von Liedern (Texten und Noten).
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I.
Allgemeines/Vorbemerkung

Nach dem geltenden Urheberrecht ist das Vervielfältigen von Noten und Liedern in der Regel nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig (so § 53 Absatz 4 des Urheberrechtsgesetzes).
Um den Kirchengemeinden und den sonst betroffenen kirchlichen Stellen, Werken, Einrichtungen usw. das zeitaufwändige Einholen der Einwilligung sowie die ebenfalls zeitraubende Rechnungslegung und die Bezahlung der Einzelvergütungen zu ersparen, hat die EKD mit der VG Musikedition einen Gesamtvertrag abgeschlossen. Dieser Gesamtvertrag ist den Gliedkirchen übersandt und im Amtsblatt der EKD vom 15. Juli 1994 veröffentlicht worden.
Der Wortlaut des Gesamtvertrages wurde möglichst allgemein verständlich abgefasst. Die Lektüre des Vertrages ist Lesern und Benutzern damit leicht gemacht. Sie wird dringend empfohlen.
Im Folgenden werden erläuternde und ergänzende Hinweise zu den wichtigsten Punkten des Vertrages gegeben.
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II.
Wesentliche Regelungen des Gesamtvertrages

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1.
Art und Umfang des Vervielfältigungs- und Fotokopierrechts

1.1
Der Vertrag bezieht sich auf urheberrechtlich geschützte Lieder (Texte und Noten) und räumt hierfür das Vervielfältigungs- und Nutzungsrecht ein, allerdings nur in relativ engen Grenzen.
Grundgedanke der Neuregelung ist es, für den Gemeindegesang Erleichterungen zu schaffen, gerade auch bei besonderen Anlässen wie etwa Gottesdiensten an Feiertagen mit hohen Besucherzahlen oder bei Jugendgottesdiensten, und deshalb Kopien, die für solche Zwecke und Gelegenheiten angefertigt werden, pauschal zu gestatten und abzugelten.
In dem Vertrag wurde der Inhalt der Gestattung in möglichst präziser Eingrenzung wie folgt festgelegt:
»Die Verwertungsgesellschaft räumt .......... das Recht ein, Vervielfältigungsstücke, insbesondere Fotokopien von einzelnen Liedtexten (mit oder ohne Noten) für den Gemeindegesang im Gottesdienst und in anderen kirchlichen Veranstaltungen gottesdienstähnlicher Art herzustellen oder herstellen zu lassen.«
1.2
Klargestellt ist hiermit, dass nur Vervielfältigungen für den Gemeindegesang begünstigt sind, wobei es sich um Kopien von einstimmigen Liedern handeln kann oder auch um Kopien von mehrstimmigen Liedern, wie sie sich im Evangelischen Gesangbuch oder in sonstigen Liederheften oder Liedersammlungen finden. Was nicht zum Gemeindegesang gehört, wird nicht durch den Vertrag abgegolten. Das gilt insbesondere auch für Kopien aus den Begleitbüchern zum Gottesdienst, also für Notenmaterial für instrumentale Vor- und Nachspiele und für die Notensätze für Kirchenchöre oder auch für Solo-Gesang.
Der Grund für diese Einschränkung liegt darin, dass die Musikverlage, die Begleitwerke zum Gottesdienst herstellen, sich in ihrer Existenz gefährdet sähen, wenn diese Werke nicht mehr von den Kirchengemeinden usw. erworben werden müssten, sondern schlicht durch Kopieren vervielfältigt werden könnten.
1.3
Wesentlich ist, dass jeweils nur »einzelne Liedtexte« vervielfältigt werden dürfen.
Die Herstellung von Sammelheften und dergleichen ist also von dem Gesamtvertrag nicht abgedeckt.
1.4
Andererseits ist es durchaus zulässig, mehrere geschützte Lieder auf ein und demselben Blatt oder auf einigen Blättern zu fotokopieren oder sonst zu vervielfältigen oder auch innerhalb von Programmen wiederzugeben, wie es gerade bei Gottesdiensten zu kirchlichen Festen häufig geschieht. Es ist also nicht erforderlich, für jedes geschützte Lied eine gesonderte einzelne Kopie herzustellen. Es ist auch zulässig, die Kopien aufzuheben und in anderen Gottesdiensten/Andachten/Feiern wiederzuverwenden. Sammelhefte oder dergleichen dürfen aus diesen Exemplaren jedoch nicht angefertigt werden (s. 1.3).
1.5
Für die Organisten und für Instrumentalgruppen wurde, um ihnen das Musizieren zu erleichtern, eine Ausnahme vereinbart: Von ihrem Notenmaterial dürfen Wendestellen-Kopien hergestellt werden.
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2.
Grenzen des Gebrauchs der Vervielfältigungen und Fotokopien

2.1
Die in der vorstehenden Ziffer 1 näher bezeichneten Fotokopien dürfen nicht etwa für alle kirchlichen Zwecke schlechthin hergestellt und/oder verwendet werden, sondern nur für den kirchlichen Eigengebrauch und ferner nur in Gottesdiensten oder für Gottesdienste, wobei den Gottesdiensten andere kirchliche Veranstaltungen, einschließlich von Feiern, gleichstehen, wenn und soweit sie gottesdienstlicher oder gottesdienstähnlicher Art sind. Das trifft dann zu, wenn das liturgische Element, der liturgische Charakter entsprechend ausgeprägt ist, so insbesondere bei Andachten, Taufen, Trauungen, Bestattungen.
2.2
Außerhalb von Gottesdiensten und den genannten gleichstehenden kirchlichen Veranstaltungen, insbesondere für öffentliche Wiedergaben, dürfen Fotokopien nicht verwendet werden. Eine Ausnahme gilt insoweit lediglich für die schon genannten kurzen Wendestellen.
2.3
Wer Fotokopien oder Vervielfältigungen machen oder machen lassen möchte, die von dem Gesamtvertrag nicht abgedeckt sind, muss dazu die vorherige Einwilligung des jeweiligen Verlages oder, wenn dieser nicht bekannt sein sollte, des oder der Urheber einholen und in der Regel das Entgelt bezahlen, welches in solchen Fällen üblich ist.
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3.
Berechtigte für das Fotokopieren und für die Verwendung von Fotokopien

3.1
Berechtigt nach dem Gesamtvertrag sind die EKD, ihre Gliedkirchen, die gliedkirchlichen und gliedkirchenübergreifenden Institutionen und Einrichtungen, die Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbände sowie deren Vereinigungen, Institutionen und Einrichtungen.
Für den landeskirchlichen Bereich besagt dies: In den Gesamtvertrag einbezogen sind alle diejenigen Einrichtungen, Werke usw., die als zum landeskirchlichen Bereich gehörig angesehen werden, d. h. in der Regel von der Landeskirche oder innerhalb der Landeskirche aus kirchlichen Mitteln bezuschusst werden; auch rechtlich selbständige Einrichtungen (eingetragene Vereine) gehören dazu.
3.2
Ausgenommen ist der Bereich der Diakonie (soweit er nicht landeskirchlich integriert in rechtlich unselbständiger Form organisiert ist).
3.3
Eine Weitergabe von Fotokopien an Dritte ist nicht erlaubt.
3.4
Eine wichtige Sonderregelung: Großveranstaltungen mit mehr als 10 000 Fotokopien je Vorlage/Lied fallen nicht unter den Gesamtvertrag. Für diese Vervielfältigungen müssen bei der VG Musikedition, Kassel, oder bei den sonst Berechtigten gesonderte Genehmigungen eingeholt werden.
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4.
Repräsentative Erhebung/Mitteilungspflichten

4.1
Um den Umfang des Fotokopierens genauer zu ermitteln und andererseits eine gerechte Verteilung der Vergütungen an die Autoren und Verlage vornehmen zu können, soll bei 4 % aller durch diesen Vertrag Berechtigten eine repräsentative Erhebung durchgeführt werden, und zwar 1997. Die Zentralstelle für evangelische Kirchenmusik wird sich zu gegebener Zeit mit den Gliedkirchen in Verbindung setzen.
4.2
Vervielfältigungsstücke von mehr als 1 000 Exemplaren sind der VG Musikedition, Kassel, mit Übersendung eines Belegexemplars und Angabe von Stückzahl, Autor und Verlag über die Zentralstelle für evangelische Kirchenmusik, Berlin, zu melden.
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5.
Ansprüche von Dritten

5.1
Sofern Autoren, Verlage oder sonst Berechtigte sich an Kirchengemeinden usw. wenden, um in einzelnen Fällen gesonderte Vergütungen zu fordern, die an sich durch den Gesamtvertrag abgedeckt sind, sollten die betreffenden Gemeinden usw. sich zunächst an die zuständige Stelle der Landeskirche wenden, damit diese die Angelegenheit gegenüber der VG Musikedition klärt. Wenn keine Einigung zu erzielen ist, ist die landeskirchliche Stelle gebeten, das Kirchenamt der EKD zu beteiligen.
5.2
Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Die VG Musikedition hat sich in dem Gesamtvertrag verpflichtet, die Kirche von Ansprüchen Dritter freizustellen (§ 4 des Gesamtvertrages).
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6.
Meinungsverschiedenheiten

Hierzu ist in dem Gesamtvertrag folgendes festgelegt:
»Bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag wird die VG Musikedition zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten die zuständige Landeskirche benachrichtigen. Wird innerhalb von drei Monaten nach der Benachrichtigung eine gütliche Einigung nicht erreicht, haben die Betroffenen das Recht zur gegebenen Rechtsverfolgung.«

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1 ↑ Red. Anm.: Abgedruckt unter 96-7 dieser Sammlung.