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Geltungszeitraum von: 12.02.2008

Geltungszeitraum bis: 08.06.2023

Ordnung für die Notfallseelsorge in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers

Vom 20. November 2007

KABl. 2008 S. 7, berichtigt am 17. April 2008, KABl. 2008, S. 38

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Präambel

Notfallseelsorge ist kirchlicher Dienst an Menschen in besonderen Notlagen. In existenziellen Krisen unterstützt Notfallseelsorge in ökumenischer Offenheit direkt und indirekt Betroffene durch Begleitung, Gespräch und Ritual. Präventiv wirkt Notfallseelsorge in der Aus- und Fortbildung von Einsatzkräften mit.
Notfallseelsorge kann durch Präsenz am Unglücksort dem Handeln der Kirchengemeinden und anderer kirchlicher Dienste vorausgehen, ohne diese zu ersetzen. Sie handelt im einzelnen Notfall.
Als kirchlicher Dienst geschieht Notfallseelsorge in Zusammenarbeit mit anderen kirchlichen und im Rettungsdienst tätigen Partnern, insbesondere mit den kirchlichen Katastrophenschutzbeauftragten.
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1. Allgemeines

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§ 1

( 1 ) Auf Anforderung von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst oder Katastrophenschutz können Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerinnen in Notfall- und Krisensituationen sofort an Einsatzorte zur Betreuung von direkt und indirekt Betroffenen gerufen werden.
( 2 ) Zum Einsatzbereich der Notfallseelsorge gehören insbesondere schwere Unfälle, Brände und Großschadensereignisse.
( 3 ) Häusliche Einsätze werden an die Notfallseelsorge weitergegeben, wenn der örtlich zuständige Seelsorger oder die örtlich zuständige Seelsorgerin nicht erreicht werden kann.
( 4 ) Hilfsangebote können insbesondere sein:
  1. Seelsorgliche Begleitung von direkt oder indirekt Betroffenen durch Zuwendung, Gespräch und Gebet,
  2. Gesprächsangebot in Krisensituationen (z.B. bei Suizidandrohung),
  3. Hilfe für Helfer und Helferinnen bei und nach belastenden Einsätzen,
  4. Unterstützung von Überbringern von Todesnachrichten.
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2. Der oder die landeskirchliche Beauftragte für Notfallseelsorge

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§ 2

Der oder die landeskirchliche Beauftragte für Notfallseelsorge wird als Pastor oder Pastorin der Landeskirche vom Landeskirchenamt ernannt. Er oder sie hat insbesondere folgende Aufgaben:
  1. Ordnen des Dienstes der Notfallseelsorge,
  2. Aufrechterhaltung des Kontakts zu den Einsatzkräften von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Katastrophenschutz sowie zu den Beauftragten für Notfallseelsorge der anderen Gliedkirchen der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und zu den Beauftragten der niedersächsischen Bistümer,
  3. Organisation von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen für Mitarbeitende in der Notfallseelsorge in Absprache mit den Sprengel- und Kirchenkreisbeauftragten und in Zusammenarbeit mit der Seelsorgeaus-, -fort- und -weiterbildung der Landeskirche,
  4. Durchführung der Niedersächsischen Konferenz Notfallseelsorge mit den Sprengelbeauftragten, den Beauftragten für Notfallseelsorge der anderen Gliedkirchen der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und der niedersächsischen Bistümer,
  5. Mitarbeit in Einsätzen der Notfallseelsorge auf Wunsch der regionalen Einsatzleitung,
  6. Vermittlung von Supervisionsangeboten für Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerinnen in Krisensituationen,
  7. Beratung des Landeskirchenamtes bei Fragen der Notfallseelsorge.
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§ 3

Die Dienstaufsicht über den landeskirchlichen Beauftragten oder die landeskirchliche Beauftragte obliegt dem Superintendenten oder der Superintendentin des Kirchenkreises, dem der oder die landeskirchliche Beauftragte zugewiesen ist. Die Fachaufsicht nimmt das Landeskirchenamt wahr.
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§ 4

Dem oder der landeskirchlichen Beauftragten für Notfallseelsorge werden für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Maßgabe des landeskirchlichen Haushalts Mittel zur Verfügung gestellt. Werden dem oder der landeskirchlichen Beauftragten im Rahmen seiner oder ihrer Tätigkeit Honorare angeboten, sind diese dem Etat der landeskirchlichen Notfallseelsorge zur Verfügung zu stellen.
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§ 5

Der oder die landeskirchliche Beauftragte für Notfallseelsorge berichtet jährlich dem Landeskirchenamt über die Arbeit der Notfallseelsorge.
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3. Sprengel- und Kirchenkreisbeauftragte für Notfallseelsorge

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§ 6

( 1 ) Als Sprengel- und Kirchenkreisbeauftragte für Notfallseelsorge können Pastoren oder Pastorinnen, Diakone oder Diakoninnen berufen werden.
( 2 ) Über die Beauftragung der oder des Sprengelbeauftragten entscheidet der jeweilige Landessuperintendent oder die Landessuperintendentin des Sprengels in Abstimmung mit dem oder der landeskirchlichen Beauftragten für Notfallseelsorge.
( 3 ) Über die Beauftragung des oder der Kirchenkreisbeauftragten entscheidet der Superintendent oder die Superintendentin des Kirchenkreises in Abstimmung mit dem oder der landeskirchlichen Beauftragten für Notfallseelsorge.
( 4 ) Mehrere Kirchenkreise können gemeinsam eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Notfallseelsorge benennen.
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§ 7

Der oder die Sprengelbeauftragte vertritt die Anliegen der Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerinnen seines oder ihres Sprengels gegenüber dem oder der landeskirchlichen Beauftragten für Notfallseelsorge. Er oder sie lädt die Kirchenkreisbeauftragten seines oder ihres Sprengels jährlich zu einer Konferenz ein. Auf Wunsch der regionalen Einsatzleitung arbeitet er oder sie in Einsätzen der Notfallseelsorge mit.
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§ 8

Der oder die Kirchenkreisbeauftragte hat insbesondere folgende Aufgaben:
  1. Organisation und Einsatz der Notfallseelsorge im Kirchenkreis,
  2. Begleitung der in der Notfallseelsorge Tätigen und die Organisation ihrer regionalen Fortbildung.
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§ 9

Der Kirchenkreis stellt die finanziellen und technischen Voraussetzungen für die Erfüllung der Aufgaben der Notfallseelsorge zur Verfügung.
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4. Mitarbeitende

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§ 10

( 1 ) Seelsorge in Notfällen gehört zu den grundsätzlichen Aufgaben des gemeindlichen Dienstes. Mitarbeitende sind in der Regel Pastoren und Pastorinnen, Diakone und Diakoninnen.
( 2 ) Die Mitarbeit anderer kirchlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie geeigneter und entsprechend ausgebildeter Gemeindeglieder ist erwünscht. Ihnen sind persönliche und fachliche Begleitung anzubieten.
( 3 ) Alle ehrenamtlich Mitarbeitenden sind verpflichtet, vor Aufnahme der Mitarbeit in der Notfallseelsorge einen Einführungskurs erfolgreich zu absolvieren. Ausnahmen sind durch den Nachweis einer vergleichbaren Ausbildung zu belegen.
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§ 11

Die Mitarbeitenden in der Notfallseelsorge werden schriftlich durch den Superintendenten oder die Superintendentin des jeweiligen Kirchenkreises in Abstimmung mit dem oder der Kirchenkreisbeauftragten für Notfallseelsorge beauftragt. Mit der Beauftragung ist eine verbindliche Regelung der Aufgaben, des Tätigkeitsumfanges und der Finanzierung verbunden. Die Beauftragung endet spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Eine Verlängerung der Beauftragung ist in Ausnahmefällen längstens bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres möglich.
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§ 12

( 1 ) Die Mitarbeitenden in der Notfallseelsorge nehmen unbeschadet der Form ihres Anstellungsverhältnisses Aufgaben der Seelsorge wahr und sind zur seelsorglichen Verschwiegenheit verpflichtet. Darüber hinausgehende dienst- oder arbeitsrechtliche Bestimmungen über das Beichtgeheimnis sowie über das Seelsorgegeheimnis und über die dienstliche Verschwiegenheit bleiben unberührt.
( 2 ) Eine schriftliche Erklärung zur Wahrung der seelsorglichen Verschwiegenheit ist insbesondere von nicht ordinierten Mitarbeitenden bei dem zuständigen Superintendenten oder der zuständigen Superintendentin abzugeben. Bei einem Verstoß gegen die Pflichten aus Absatz 1 ist die Beauftragung durch den Superintendenten oder die Superintendentin des jeweiligen Kirchenkreises unverzüglich zurückzunehmen. Weitere dienstrechtliche oder arbeitsrechtliche Maßnahmen bleiben unberührt.
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§ 13

( 1 ) Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Notfallseelsorge sollen sich regelmäßig fortbilden.
( 2 ) Themen der Aus- und Fortbildung sind insbesondere:
  1. Klarheit über die Motivation, anderen helfen zu wollen,
  2. Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben,
  3. Klärung der Möglichkeiten und Grenzen von Seelsorge,
  4. Gesprächsführung,
  5. Grundkenntnisse im Umgang mit Trauersituationen,
  6. Grundkenntnisse der Psychotraumatologie,
  7. rechtliche Grundlagen,
  8. Informationen über Rettungs-, Hilfs- und Beratungsdienste.
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§ 14

Mitarbeitende in der Notfallseelsorge auf Kirchenkreisebene können im Rahmen der landeskirchlichen Richtlinien Supervision in Anspruch nehmen.
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5. Inkrafttreten

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§ 15

Diese Ordnung tritt am Tage der Verkündung in Kraft.