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Rechtsverordnung über die Ausbildung
der Kandidaten und Kandidatinnen für das Amt
der Pfarrerin und des Pfarrers

Vom 28. April 2009

KABl. 2009, S. 57

Aufgrund des § 33 des Kandidatengesetzes (KandG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Oktober 1990 (Kirchl. Amtsbl. S. 131), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Kirchengesetzes zur Änderung dienstrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24. Juni 2001 (Kirchl. Amtsbl. S. 103), erlassen wir mit Zustimmung des Landessynodalausschusses die folgende Rechtsverordnung:
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I. Abschnitt
Allgemeine Vorschriften

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§ 1

( 1 ) Diese Rechtsverordnung regelt die Ausbildung der Kandidaten und Kandidatinnen der Theologie, die nach den Vorschriften des Kandidatengesetzes in den Vorbereitungsdienst aufgenommen worden sind.
( 2 ) Nehmen in Ausnahmefällen Bewerber oder Bewerberinnen mit Genehmigung des Landeskirchenamtes an der Ausbildung teil, ohne in den Vorbereitungsdienst aufgenommen worden zu sein, so gelten für sie die Vorschriften des Kandidatengesetzes über die Rechte und Pflichten der Kandidaten und Kandidatinnen sowie die Vorschriften dieser Rechtsverordnung sinngemäß.
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§ 2

Im Vorbereitungsdienst werden die Kandidaten und Kandidatinnen in Bindung an die Heilige Schrift und das Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche für die Aufgaben des Dienstes eines Pfarrers und einer Pfarrerin ausgebildet. Sie sollen die dafür erforderlichen Kenntnisse, Einsichten und Fähigkeiten erwerben und weiterentwickeln. Ziel des Vorbereitungsdienstes ist die Befähigung für den pfarramtlichen Dienst in einer Kirchengemeinde.
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§ 3

( 1 ) Der Vorbereitungsdienst der Kandidaten und Kandidatinnen gliedert sich in die Ausbildungsabschnitte im Gemeindevikariat einschließlich Schulpraktikum und im Predigerseminar.
( 2 ) Die Ausbildungsabschnitte im Gemeindevikariat dienen der Einübung in die pfarramtliche Praxis. Sie finden unter Leitung und Verantwortung einer Pfarrerin oder eines Pfarrers (Vikariatsleiterin oder Vikariatsleiter) in einer Kirchengemeinde (Vikariatsgemeinde) statt. Das Schulpraktikum führt in Theorie und Praxis des Schulunterrichts ein. Es wird von einem Mentor oder einer Mentorin begleitet.
( 3 ) Die Ausbildungsabschnitte im Predigerseminar dienen der Reflexion kirchlicher Praxis. Sie finden unter der Verantwortung der Studienleiter oder Studienleiterinnen statt. Studienleiter oder Studienleiterinnen sind der Studiendirektor oder die Studiendirektorin sowie der Studieninspektor oder die Studieninspektorin. Weitere Personen können zur Mithilfe bei der Wahrnehmung der Aufgaben eines Studieninspektors oder einer Studieninspektorin beauftragt werden. Die besondere Verantwortung der Studiendirektorin oder des Studiendirektors für die Leitung des Predigerseminars bleibt davon unberührt.
( 4 ) Die Studienleiter oder Studienleiterinnen koordinieren und begleiten die Ausbildung der Kandidaten und Kandidatinnen während der gesamten Dauer des Vorbereitungsdienstes. Der Begleitung dienen ein Einführungskurs, Ausbildungsberatungsgespräche und Besuche in der Vikariatsgemeinde sowie gegebenenfalls Studientage und Studienkurse (Pflicht- und Wahlkurse).
( 5 ) In spezielle Bereiche und Aspekte kirchlicher Arbeit werden die Kandidaten und Kandidatinnen durch Studientage und Kurse eingeführt, mit deren Durchführung das Landeskirchenamt bestimmte Einrichtungen und Personen beauftragt.
( 6 ) Das Landeskirchenamt kann Kandidaten und Kandidatinnen besondere Aufträge erteilen oder sie für besondere Aufgaben abordnen.
( 7 ) Das Landeskirchenamt kann bei Vorliegen besonderer Umstände für einzelne Kandidaten und Kandidatinnen besondere Regelungen für bestimmte Ausbildungsabschnitte treffen.
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§ 4

Kandidaten und Kandidatinnen dürfen eine Nebentätigkeit nur übernehmen, wenn dies mit der Ausbildung vereinbar ist und kirchliche Interessen nicht entgegenstehen. Die Bestimmungen des Pfarrergesetzes über Nebentätigkeiten sind entsprechend anzuwenden.
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§ 5

Die Dienstaufsicht über die Kandidaten und Kandidatinnen nimmt der Studiendirektor oder die Studiendirektorin wahr. Sie kann vom Studiendirektor oder der Studiendirektorin für die Ausbildungsabschnitte im Gemeindevikariat an den Vikariatsleiter oder die Vikariatsleiterin, für das Schulpraktikum an den Mentor oder die Mentorin delegiert werden.
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II. Abschnitt
Gemeindevikariat einschließlich Schulpraktikum

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§ 6

Die Ausbildungsabschnitte im Gemeindevikariat einschließlich Schulpraktikum haben in der Regel eine Dauer von 16 Monaten.
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§ 7

Die Kandidaten und Kandidatinnen sind verpflichtet, am Ort der Vikariatsgemeinde zu wohnen. In besonderen Fällen kann das Landeskirchenamt im Einvernehmen mit dem Studiendirektor oder der Studiendirektorin eine Ausnahme gestatten.
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§ 8

Die Kandidaten und Kandidatinnen sind an der Wahrnehmung des pfarramtlichen Dienstes zu beteiligen, insbesondere durch Wortverkündigung und Darreichung der Sakramente, Gestaltung von Gottesdiensten einschließlich Amtshandlungen, Seelsorge, Konfirmandenarbeit und Arbeit in Gruppen. Ihnen soll ausreichend Gelegenheit gegeben werden, sich in den verschiedenen Tätigkeiten zu üben. Die Kandidaten und Kandidatinnen sollen in der Vikariatsgemeinde die Bereiche der Diakonie, der Ökumene und der Mission kennenlernen. Sie sollen mit der Arbeit des Kirchenvorstandes und den Verwaltungsaufgaben der Kirchengemeinde vertraut gemacht werden.
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§ 9

Die Kandidaten und Kandidatinnen sollen an den Sitzungen des Kirchenvorstandes und an den Mitarbeiterbesprechungen der Vikariatsgemeinde sowie an den Pastorenkonferenzen, am Pastorenkonvent und am Generalkonvent als Gäste teilnehmen.
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§ 10

( 1 ) Gegen Ende der Ausbildung im Gemeindevikariat findet ein Auswertungsgespräch statt, das ein Studienleiter oder eine Studienleiterin mit dem Kandidaten oder der Kandidatin sowie dem Vikariatsleiter oder der Vikariatsleiterin führt.
( 2 ) In je einem schriftlichen Bericht der Vikariatsleiterin oder des Vikariatsleiters und des Kandidaten oder der Kandidatin sollen die wichtigsten Tätigkeiten im Gemeindevikariat und wesentliche Eindrücke über die Befähigung der Kandidaten und der Kandidatinnen für den pfarramtlichen Dienst beschrieben werden. Der Bericht der Vikariatsleiterin oder des Vikariatsleiters soll darüber hinaus Auskunft geben, welche besonderen Stärken, Schwächen oder Einschränkungen hervorgetreten sind. Die Berichte sind zu den Personalakten zu nehmen.
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§ 11

Das Schulpraktikum findet in der Schule in zeitlichem Zusammenhang mit dem Gemeindevikariat statt. Die Kandidaten und Kandidatinnen sind während des Schulpraktikums den Aufgaben in der Schule verpflichtet.
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III. Abschnitt
Predigerseminar

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§ 12

Die Ausbildungsabschnitte im Predigerseminar dauern in der Regel insgesamt zwölf Monate.
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§ 13

( 1 ) In den Ausbildungsabschnitten im Predigerseminar sollen die Kandidaten und die Kandidatinnen an Fragestellungen, die auf den Dienst des Pfarrers und der Pfarrerin bezogen sind, theologisch arbeiten. Es kann sich sowohl um Grundsatzfragen als auch um Vorhaben handeln, die sich an der Praxis ausrichten. Humanwissenschaftliche Fragestellungen sollen dabei berücksichtigt werden. Homiletik und Liturgik einschließlich praktischer Übungen bilden einen Schwerpunkt.
( 2 ) Die Studienleiter oder Studienleiterinnen sollen mit den Kandidaten und Kandidatinnen die erforderlichen Vereinbarungen über Arbeitsvorhaben treffen, die einzeln oder in einer Gruppe mit anderen Kandidaten und Kandidatinnen aufgenommen werden.
( 3 ) Die Ausbildungsabschnitte im Predigerseminar sollen den Kandidaten und Kandidatinnen Gelegenheit zu gemeinsamem geistlichen Leben und zu gemeinsamer Arbeit bieten.
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§ 14

( 1 ) Die Kandidaten und Kandidatinnen sind zur Teilnahme an den festgelegten Lehr- und Lernveranstaltungen des Predigerseminars verpflichtet.
( 2 ) Die Kandidaten und Kandidatinnen haben an den Arbeitstagen im Predigerseminar anwesend zu sein; Arbeitstage sind in der Regel die Tage von Montag bis Freitag.
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IV. Abschnitt
Weitere an der Ausbildung beteiligte Einrichtungen und Personen

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§ 15

Das Landeskirchenamt beauftragt gemäß § 3 Abs. 5 Einrichtungen und Personen, die die Kandidaten und Kandidatinnen durch theoretische Arbeit sowie durch praktische Übungen insbesondere in die Bereiche der Religions- und Gemeindepädagogik, der Seelsorge und Beratung, des Gemeindeaufbaus und der Gemeindeleitung sowie in die Liturgik einführen.
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V. Abschnitt
Gemeinsame Vorschriften für die einzelnen Ausbildungsabschnitte

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§ 16

Legt sich ein Wechsel der Vikariatsgemeinde nahe, so kann das Landeskirchenamt gemäß § 3 Abs. 7 den Kandidaten oder die Kandidatin einem anderen Vikariatsleiter oder einer anderen Vikariatsleiterin zuweisen.
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§ 17

( 1 ) Spätestens drei Monate vor dem Abschluss des Vorbereitungsdienstes des Kandidaten oder der Kandidatin stellt das Landeskirchenamt durch Rückfrage bei dem Studiendirektor oder der Studiendirektorin fest, ob Bedenken hinsichtlich der Befähigung des Kandidaten oder der Kandidatin für den Dienst eines Pfarrers oder einer Pfarrerin bestehen. Bevor der Studiendirektor oder die Studiendirektorin schriftlich Bedenken äußert, ist der Kandidat oder die Kandidatin darüber in Kenntnis zu setzen. Dem Kandidaten oder der Kandidatin ist vom Landeskirchenamt Gelegenheit zu geben, zu den geäußerten Bedenken Stellung zu nehmen.
( 2 ) Ergeben sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt Zweifel, ob der Kandidat oder die Kandidatin die Ausbildung fortsetzen soll oder ob die Aufnahme in den Probedienst als Pfarrer oder Pfarrerin möglich ist, so setzt der Studiendirektor oder die Studiendirektorin das Landeskirchenamt hierüber in Kenntnis. Absatz 1 gilt entsprechend.
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§ 18

( 1 ) Bei Vorliegen besonderer Umstände kann das Landeskirchenamt die Ausbildung verkürzen, unterbrechen oder verlängern.
( 2 ) Auf Antrag des Kandidaten oder der Kandidatin kann das Landeskirchenamt die Ausbildung verkürzen, wenn der Kandidat oder die Kandidatin bereits eine abgeschlossene Ausbildung in Bereichen des kirchlichen Dienstes erhalten hat.
( 3 ) Erkrankt ein Kandidat oder eine Kandidatin während der Ausbildung, so wird die Ausbildung unterbrochen. Auf Antrag des Kandidaten oder der Kandidatin kann sie aus anderen wichtigen Gründen unterbrochen werden.
( 4 ) Musste die Ausbildung insgesamt länger als dreieinhalb Monate unterbrochen werden, so ist sie in der Regel zu verlängern. Übersteigen die Zeiten der Unterbrechung insgesamt zwei Jahre, so kann das Landeskirchenamt anordnen, dass die Ausbildung neu begonnen werden muss.
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§ 19

( 1 ) Hat der Kandidat oder die Kandidatin die Zweite theologische Prüfung nicht bestanden und ist eine erneute Zulassung möglich, so ist der Vorbereitungsdienst bis zu einem Jahr zu verlängern, wenn der Kandidat oder die Kandidatin erklärt, sich erneut zur Prüfung melden zu wollen.
( 2 ) Der Vorbereitungsdienst kann verlängert werden, wenn eine der praktischen Proben schlechter als mit “ausreichend” bewertet worden ist.
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VI. Abschnitt
Ausbildungsbeirat

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§ 20

( 1 ) Für die Beratung des Landeskirchenamtes in Fragen der Ausbildung im Zusammenhang mit dem Vorbereitungsdienst beruft das Landeskirchenamt einen Ausbildungsbeirat.
( 2 ) In den Ausbildungsbeirat sollen Vertreter und Vertreterinnen von an der Ausbildung beteiligten Einrichtungen und Personen sowie studentische Vertreter und Vertreterinnen berufen werden.