.Grundsätze für die Arbeit in evangelischen
Kinder im Mittelpunkt – Grundsätze für die Arbeit
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Grundsätze für die Arbeit in evangelischen
Kindergärten/Kindertagesstätten und Kinderspielkreisen
Vom 30. Juni 2010
1 Die 24. Landessynode hat während ihrer VI. Tagung in der 29. Sitzung am 04.06.2010 im Zusammenhang mit der Verhandlung über den Bericht des Landeskirchenamtes betreffend Entwicklung und Finanzierung der Arbeit der Kindertagesstätten (Aktenstück Nr. 30 B) der Neufassung der Grundsätze für die Arbeit in evangelischen Kindertagesstätten, die das Kollegium des Landeskirchenamtes am 11.05.2010 beschlossen hat, zugestimmt.
2 Die bisherigen Grundsätze für die Arbeit in evangelischen Kindergärten / Kindertagesstätten und Kinderspielkreisen vom 09.07.1979 (Kirchliches Amtsblatt S. 98 ff.) werden hiermit aufgehoben.
3 Nachstehend veröffentlichen wir die Neufassung der Grundsätze für die Arbeit in evangelischen Kindertagesstätten.
#Kinder im Mittelpunkt – Grundsätze für die Arbeit
in evangelischen Kindertagesstätten
#Einleitung
1 Die Würde und die Rechte von Kindern sind unantastbar. 2 Diese zu vertreten, zu schützen und umzusetzen ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die die evangelische Kirche aus ihrem Auftrag heraus wahrnimmt. 3 So wie Jesus Christus die Kinder zu sich gerufen und in den Mittelpunkt gestellt hat, wie er sie sogar zu Vorbildern des Glaubens gemacht hat (Markus 10, 13-16), weiß sich die evangelische Kirche seinem Handeln verpflichtet.
4 Deshalb hat sich die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers folgende Grundsätze gegeben, an denen sich ihr Handeln mit Kindern orientiert und beurteilen lässt.
#Grundsätze
##1. Das Kind im Mittelpunkt
1 Jedes Kind ist ein Geschöpf Gottes. 2 Ihm ist wie allen anderen Mitmenschen eine unverlierbare Würde zugesprochen. 3 Die Würde und der Wert jedes Menschen gründen in der bedingungslosen Liebe Gottes, nicht in seiner Herkunft, seinem Können oder seiner Leistung. 4 Im Geist Jesu Christi hat jedes Kind ein Recht auf Anerkennung, Wertschätzung und Geborgenheit.
5 Eine evangelische Kindertagesstätte ist deshalb ein kindgerecht gestalteter Lebensraum, in dem sich jedes Kind in seinen Begabungen und Eigenschaften entfalten kann und altersgemäß, individuell und Familien ergänzend gefördert wird. 6 Hier können alle Wertschätzung und Anerkennung erfahren, Gemeinschaft und Hilfe erleben, Gelingen, Glück und Gaben als geschenkte Gnade sehen, Unvollkommenheit akzeptieren lernen, in Offenheit, Respekt und Achtung miteinander das Leben gestalten.
##2. Recht auf Bildung, Erziehung und Betreuung
1 Kinder wollen die Welt entdecken, lernen und begreifen. 2 Sie tun dies aktiv und neugierig in spielerischer Wissensaneignung. 3 Kinder wollen begleitet, angeregt und angeleitet werden, sie brauchen Vertrauenspersonen, die sie unterstützen und ihnen helfen, die Welt zu entdecken.
1 Evangelische Kindertagesstätten wissen sich dem Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebot für alle Kinder verpflichtet. 2 Sie schaffen anregende Lernumgebungen für Kinder, damit diese unabhängig von ihrer Herkunft und ihren individuellen Voraussetzungen
- sich mit den eigenen existentiellen Fragen und denen anderer Menschen auseinandersetzen,
- als Individuum und in der Gemeinschaft die Welt entdecken und erforschen,
- sich (im Sinne Pestalozzis) „mit Herz, Hand und Hirn“ Wissen aneignen,
- praktische Fertigkeiten erwerben und
- kognitive, emotionale, religiöse, künstlerische, ethische und soziale Fähigkeiten entwickeln.
3 Evangelische Kindertagesstätten sorgen durch ihre Bildungsarbeit für Chancengleichheit und tragen durch Teilhabegerechtigkeit zur Armutsprävention bei.
##3. Recht auf Inklusion
1 Kinder haben ein feines Gespür für Unterschiede und Ausgrenzung. 2 Sie haben ein Recht auf einen fairen Umgang miteinander. 3 Das Recht von Kindern auf Inklusion versteht sich deshalb als Verwirklichung von gemeinsamer Bildung und Erziehung von unterschiedlichen Individuen mit unterschiedlichen Gaben und Begabungen.
4 Evangelische Kindertagesstätten sind einer alle Kinder einbeziehenden Pädagogik verpflichtet, d. h. sie akzeptieren die unterschiedlichen individuellen kognitiven, emotionalen, physischen, künstlerischen und sozialen Fähigkeiten aller Kinder. 5 Sie grenzen kein Kind aus, sondern realisieren ein verändertes Verständnis von Individualität und Vielfalt in einer Gesellschaft. 6 Die Umsetzung des Inklusionsgedanken in den Kindertagesstätten regt ganzheitliche Bildungsprozesse im Kind an und unterstützt die Kinder darin, die Welt und Gesellschaft in ihrer Vielfältigkeit zu erfahren.
##4. Recht auf Religion
1 Kinder haben ein Recht auf Religion. 2 Sie suchen und brauchen Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen zur Ausbildung ihrer religiösen Haltung. 3 Sie wollen und dürfen ihre religiösen Fragen, Auffassungen und Gefühle frei äußern.
4 Evangelische Kindertagesstätten begleiten Kinder in ihrer religiösen Entwicklung. 5 Sie eröffnen Kindern den Zugang zu Inhalten und Ausdrucksformen des christlichen Glaubens und ermöglichen sinnstiftende Deutungen ihrer Umwelt. 6 Getaufte Kinder bekommen die Möglichkeit, ihren Glauben zu entdecken und einzuüben. 7 Nicht getauften Kindern werden die christliche Lebensweise und Glaubensinhalte unter Respektierung ihrer eigenen Religionszugehörigkeit vermittelt.
8 Über die evangelische Kindertagesstätte hinaus ist die örtliche Kirchengemeinde, unabhängig von einer Trägerschaft für eine Kindertagesstätte, der Ort erlebbarer christlicher Gemeinschaft. 9 Evangelische Kindertagesstättenarbeit und Gemeindearbeit greifen konzeptionell ineinander. 10 Die Kirchengemeinde und die evangelische Kindertagesstätte erfüllen gemeinsam den christlichen Auftrag, allen Menschen die gute Botschaft vom liebenden Gott nahe zu bringen. 11 So erleben Kinder und Eltern ihre Kirchengemeinde als verkündigende, kommunikative, feiernde und diakonische Gemeinde.
12 Kindern ist Anteil an der Zukunft dieser Welt gegeben. 13 Sie werden diese Zukunft nur gemeinsam mit anderen gestalten können. 14 Es ist unverzichtbar, dass sie die orientierende und verbindende Kraft grundlegender Werte erfahren. 15 Dazu gehören Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. 16 Evangelische Kindertagesstätten sind diesen Werten aufgrund ihres biblischen Auftrags verpflichtet. 17 Dies zeigt sich am Umgang aller beteiligten Menschen in der Kindertagesstätte ebenso wie am Umgang mit vorhandenen Ressourcen.
##5. Recht auf Partizipation
1 Weil Gott Kindern von Anfang an eine unverlierbare Würde zuspricht und Jesus Kinder in den Mittelpunkt stellt, haben Kinder ein Recht auf Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben ebenso wie auf altersentsprechende Mitbestimmung und Mitentscheidung im Alltag der Kindertagesstätte. 2 Eine Partizipation von Kindern bedeutet, Entscheidungen, die das individuelle Leben und das der Gemeinschaft betreffen, gemeinsam zu teilen und zusammen Lösungen für Probleme zu finden.
3 Evangelische Kindertagesstätten sind Lernorte für partizipatorische Prozesse. 4 Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verstehen die Kinder als Experten und Expertinnen in eigener Sache. 5 Sie ermöglichen Aushandlungsprozesse zwischen den pädagogischen Fachkräften und Kindern als gleichwertigen Partnern und Partnerinnen. 6 Ziele der Partizipation sind: Die Entwicklung von sozialen Kompetenzen, die Entwicklung zum mündigen, sprachfähigen Menschen sowie die Einübung demokratischer Verhaltensweisen.
##6. Entwicklung einer bestmöglichen Qualität
1 Kinder brauchen zur Entfaltung ihrer Gaben, zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit und zum Aufbau ihrer sozialen Kompetenzen ihnen angemessene Rahmenbedingungen. 2 Eine der Freiheit und der Würde der Person verpflichtete Erziehung macht die Qualität der Arbeit einer evangelischen Kindertagesstätte aus. 3 Diese wird erkennbar an der Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte sowie an den äußeren Ausstattungsmerkmalen, die die Bildungs- und Entwicklungsprozesse ermöglichen und optimal fördern. 4 Die Mitarbeitenden in Kindertagesstätten sind für die Entwicklung, Förderung und Erziehung der Kinder von entscheidender Bedeutung: Als Partner und Partnerinnen, als Begleiter und Begleiterinnen der Entwicklung der Persönlichkeiten und als Orientierungspersonen. 5 Die Einführung eines einheitlichen evangelischen Gütesiegels ermöglicht vergleichbare Standards und die Umsetzung einer bestmöglichen Qualität.