.

Verwaltungsvorschrift über die
Glockenpflege und den Glockenguss

Vom 25. November 2023

KABl. 2023, S. 121

Das Landeskirchenamt hat die folgende Verwaltungsvorschrift beschlossen:
####

§ 1
Glockenpflege

( 1 ) Glockenanlagen sind unter Beteiligung der oder des vom Landeskirchenamt berufenen landeskirchlichen Glockensachverständigen sorgfältig und sachverständig zu pflegen. Verpflichtungen Dritter hinsichtlich der Glockenanlagen bleiben unberührt.
( 2 ) Bei Glockenanlagen werden drei Teilbereiche unterschieden:
  1. Glockentragwerk (u.a. Deckenbalken, Glockenstuhl),
  2. Glockenarmaturen (u.a. Joche, Klöppel, Motoren, Seilräder, Ketten),
  3. Glocken (Läuteglocken, Uhrschlagglocken, Glockenspiel).
#

§ 2
Wartung von Glocken

( 1 ) Glocken und Läuteanlagen sind regelmäßig zu überprüfen. Die jährliche Sichtprüfung wird durch die Baubeauftragte oder den Baubeauftragten wahrgenommen. Im Rahmen der Baubegehung durch das zuständige Amt für Bau- und Kunstpflege oder kirchliche Bauamt wird alle drei Jahre eine baufachliche Prüfung durchgeführt. Sollten Schäden oder klangliche Veränderungen an den Glocken festgestellt werden, ist im Zweifel vorzeitig, also unabhängig vom Wartungsturnus, die oder der landeskirchliche Glockensachverständige hinzuzuziehen.
( 2 ) Glockenanlage und Glockenstuhl sind in der Regel jährlich von einem Fachbetrieb zu warten. Dazu ist ein Wartungsvertrag mit einem Fachbetrieb abzuschließen. Das Landeskirchenamt stellt hierzu einen Musterwartungsvertrag zur Verfügung.
( 3 ) Liegt bei einer Glocke ein Schaden vor, so ist die Glocke sofort außer Betrieb zu setzen und die oder der landeskirchliche Glockensachverständige hinzuzuziehen.
#

§ 3
Gebrauch der Glocken

Der Kirchenvorstand soll eine Läuteordnung beschließen, die den Gebrauch der Glocken regelt. Die oder der landeskirchliche Glockensachverständige kann beratend hinzugezogen werden.
#

§4
Genehmigungsbedürftigkeit

Für die Genehmigung von Beschlüssen über Erwerb, Änderung, Veräußerung und Vernichtung von Glocken gemäß § 66 Absatz 2 Nummer 5 der Kirchengemeindeordnung sind dem Landeskirchenamt folgende Unterlagen vorzulegen:
  1. der Beschluss des Kirchenvorstandes oder eines anderen zuständigen Leitungsorgans, die Kostenberechnung und eine Finanzierungsübersicht,
  2. das Gutachten der oder des landeskirchlichen Glockensachverständigen,
  3. soweit erforderlich (vgl. § 9) die Stellungnahme des zuständigen Amtes für Bau- und Kunstpflege oder kirchlichen Bauamtes und des Kunstreferates des Landeskirchenamtes.
#

§ 5
Erwerb von Glocken

( 1 ) Vor dem Erwerb einer neuen Glocke sind die Verhältnisse der Glockenstube durch die oder den Glockensachverständigen einschließlich der akustischen Bedingungen sowie das Klangbild schon vorhandener Glocken zu prüfen und die Rippe und die Tonhöhe der neu zu beschaffenden Glocke zu bestimmen. Hierbei ist zu prüfen, ob das Klangbild benachbarter, in Hörweite liegender Geläute berücksichtigt werden kann. Auf dieser Grundlage erstellt die oder der Glockensachverständige eine Kostenschätzung.
( 2 ) Das zuständige Amt für Bau- und Kunstpflege oder kirchliche Bauamt prüft in der Regel bauliche Fragen und die bauliche Sicherheit in der Glockenstube. Für Fragen der Statik und Dynamik kann ein Fachingenieurbüro eingeschaltet werden.
( 3 ) Der Kirchenvorstand beschließt über die Durchführung des Vorhabens und die Finanzierung auf Basis einer Kostenberechnung unter Einbeziehung der Kostenschätzung der oder des landeskirchlichen Glockensachverständigen. Nach der landeskirchlichen Genehmigung erstellt die oder der landeskirchliche Glockensachverständige ein Leistungsverzeichnis. Es sollen mehrere geeignete Fachfirmen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden.
( 4 ) Nach Prüfung der eingegangenen Angebote unterbreitet die oder der landeskirchliche Glockensachverständige dem Kirchenvorstand einen Vergabevorschlag.
( 5 ) Mit der zu beauftragenden Glockengießerei oder Glockenfachfirma ist ein Vertrag zu schließen, dem das schriftliche Angebot und die Mustervertragsbedingungen des Beratungsausschusses für das Deutsche Glockenwesen zugrunde liegen.
( 6 ) Nach Fertigstellung des Gusses ist eine Glocke in der Glockengießerei durch die landeskirchliche Glockensachverständige oder den landeskirchlichen Glockensachverständigen zu prüfen (Werkprüfung). Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob Schlagton, Innenharmonie und Abklingdauer den geforderten Werten genügen und ob Zier und Inschriften vereinbarungsgemäß ausgeführt sind.
( 7 ) Die endgültige Abnahmeprüfung der Glocke erfolgt erst nach der Montage (Turmprüfung). Diese Prüfung umfasst die Aufhängung der Glocke, Sitz und Anschlag des Klöppels, Funktion der Läutemaschine, Intonation der Glocke und den Zusammenklang mit schon vorhandenen Glocken. Auf der Grundlage des Abnahmeberichtes beschließt der Kirchenvorstand die formelle Abnahme.
( 8 ) Beanstandungen an den Arbeiten der beteiligten Firmen sind im Rahmen der vertraglich vereinbarten Fristen geltend zu machen.
( 9 ) Die Kosten einer Glocke sind grundsätzlich aus Eigenmitteln der Kirchengemeinde zu finanzieren. Bei der Inanspruchnahme von Zuwendungen Dritter sind deren Zuwendungsbedingungen zu beachten.
( 10 ) Beim Erwerb einer Glocke von einer anderen kirchlichen Körperschaft oder von Dritten sind die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 und 7 bis 9 entsprechend anzuwenden.
#

§ 6
Änderung von Glocken

( 1 ) Genehmigungspflichtige Änderungen von Glocken sind insbesondere Nachstimmung, Schweißarbeiten, Umguss oder Ortswechsel.
( 2 ) Instandsetzungen, die nur der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit dienen (z. B. Austausch von Verschleißteilen), bedürfen keiner kirchenaufsichtlichen Genehmigung.
( 3 ) Instandsetzungen können vom Kirchenvorstand freihändig vergeben werden, soweit denkmalpflegerische Belange nicht berührt sind und die Gesamtkosten den Betrag von 5.000 Euro inkl. Umsatzsteuer voraussichtlich nicht übersteigen. Bei Gesamtkosten von mehr als 5.000 Euro sind mehrere Angebote einzuholen.
( 4 ) Soweit Maßnahmen über die Behebung von Materialschäden oder Funktionsstörungen hinausgehen oder mit klanglichen oder technischen Auswirkungen einhergehen, ist die oder der landeskirchliche Glockensachverständige hinzuzuziehen.
#

§ 7
Veräußerung von Glocken

( 1 ) Genehmigungspflichtig sind neben der Veräußerung von Glocken auch die Schenkung an eine andere Kirchengemeinde oder die Inzahlungnahme von Glocken durch die Glockengießerei oder Dritte.
( 2 ) Die Veräußerung oder Schenkung von Glocken an Dritte, die diese zu einem nicht kirchlichliturgischen Zweck einsetzen wollen, kann nur unter der Voraussetzung genehmigt werden, dass der beabsichtigte Verwendungszweck dem Auftrag der Kirche nicht zuwiderläuft.
#

§ 8
Vernichtung von Glocken

Eine Vernichtung von Glocken kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn eine Weiterverwendung an anderer Stelle nicht möglich ist und die Glocke weder kunsthistorische, kulturhistorische noch kirchenhistorische Bedeutung hat. Die oder der landeskirchliche Glockensachverständige und das Kunstreferat des Landeskirchenamtes sind zu beteiligen.
#

§ 9
Denkmalschutz

( 1 ) Bei Veräußerung, Änderung, Umgestaltung oder Vernichtung von denkmalwerten Glocken und Glockenanlagen ist das zuständige Amt für Bau- und Kunstpflege oder das kirchliche Bauamt einzuschalten, das erforderlichenfalls das Benehmen mit Stellen staatlicher Denkmalpflege herstellt.
( 2 ) Ob einer Glocke oder Glockenanlage Denkmalwert zuzumessen ist, entscheidet das Landeskirchenamt auf Vorschlag des zuständigen Amtes für Bau- und Kunstpflege oder kirchlichen Bauamtes oder des Kunstreferates des Landeskirchenamtes unter Beteiligung der oder des landeskirchlichen Glockensachverständigen.
#

§ 10
Glockensachverständige

( 1 ) Das Landeskirchenamt beruft eine oder mehrere Personen als landeskirchliche Glockensachverständige.
( 2 ) Die oder der landeskirchliche Glockensachverständige hat insbesondere folgende Aufgaben:
  1. fachgerechte Beratung der kirchlichen Körperschaften zur Bestands- und Qualitätssicherung im Glockenwesen,
  2. Abgabe von Stellungnahmen zur Bezuschussung,
  3. fachliche Unterstützung von Kirchengemeinden bei Glockenprojekten, insbesondere durch Entwicklung einer Konzeption, Erarbeitung einer Kostenschätzung sowie Erstellen von Leistungsverzeichnissen für Glockenarbeiten, Prüfung eingehender Angebote von geeigneten Fachfirmen und Erarbeitung eines Vergabevorschlags,
  4. Werk- und Turmprüfung bei Glockengüssen und -reparaturen.
#

§ 11
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Dezember 2023 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verfügung betr. Glocken und Läuteanlagen vom 27. Dezember 1973 (KABl. 1974 S. 82) außer Kraft.